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Stand: 19.01.2015

Pressemitteilung

Zu Unrecht ein Tabuthema

 

Augsburg, 15.3.2012 ( pca ). 1,5 Millionen Menschen in Deutschland sind alkoholabhängig. 400.000 davon sind 60 Jahre alt und älter. Die deutliche Mehrheit von ihnen sind Männer. „Und dennoch ist Alkoholsucht im Alter in unserer Gesellschaft weitestgehend noch ein Tabuthema“, so Edith Girstenbrei-Wittling, die die Caritas-Suchtberatungsstelle in Augsburg leitet. Auch die offiziellen Schätzungen für einen problematischen Medikamentenkonsum in dieser Altersgruppe stimmen in der Tat nachdenklich. Über eine Million Menschen über 60 Jahre sind abhängig von Schlaf-, Beruhigungs- und Schmerzmitteln.

Die Caritas und die Katholische Erwachsenenbildung hatte im Rahmen des Augsburger Suchtforum zu einem Informationsabend über „Alter und Sucht“ eingeladen. Vor allem Pflegefachkräfte hörten der Referentin aufmerksam zu. Und das nicht ohne Grund. Laut einer Untersuchung des Bundesgesundheitsministeriums würden 14 % der Menschen, die von ambulanten oder stationären Pflegediensten betreut werden, einen problematischen Alkohol- und Medikamentenkonsum aufweisen.

  „Viele zu viele wissen nichts von den Nebenwirkungen von Schlaf-, Beruhigungs- sowie Schmerzmitteln und von deren Entzugssymptomen und deren Wirkungsumkehr. Auch das Risiko der Abhängigkeit bei einer Dauermedikation mit Schlafmitteln wird viel zu wenig beachtet“, so die Beraterin der Caritas.   Bei den Psychopharmaka werde nicht beachtet, dass der Alkohol bei gleichzeitiger Einnahme von Psychopharmaka die Beschwerden verstärkt, gegen die das Medikament eingenommen wird. „Das verhindert eine erfolgreiche medikamentöse Therapie.“

Besonders problematisch sei der Konsum von Alkohol und Medikamenten bei älteren Menschen deshalb, weil sich der Stoffwechsel im höheren Alter verlangsamt und so der Abbau dieser Stoffe länger dauert als im jüngeren Alter. Bei den Schlaf- und Beruhigungsmitteln zum Beispiel führt der langsamere Stoffwechsel dazu, dass sich deren Wirkung ab dem Alter von 65 Jahren um 10%, ab 75 Jahren sogar um 20% erhöht. Die Dosierung muss also dem höheren Lebensalter angepasst, d.h. entsprechend reduziert werden

Die Alkoholverträglichkeit sinkt, weil der Flüssigkeitshaushalt des älteren Körpers zurückgeht. D.h. dass gleichzeitig der Alkoholspiegel anteilsmäßig an der geringeren Körperflüssigkeit steigt. Gleichzeitig erfolgt der Abbauprozess langsamer.

Eine problematische Abhängigkeit von den beiden Suchtstoffen zeige sich zum Beispiel durch Gleichgewichtsstörungen, wiederholte Stürze, Gesichtsröte, Muskelschwächen und Gedächtnisschwund, so Girstenbrei-Wittling. „Doch diese Hinweise werden oft als anfangende Alzheimer-Erkrankung oder Demenz diagnostiziert“, so die Caritas-Beraterin. Viele Abhängigkeiten bleiben auch im Verborgenen, vor allem weil die älteren Menschen allein zu Hause leben. „Dass rund 50% der Abhängigen unter den älteren Menschen ab 60 Jahren nicht erkannt werden, ist auf jeden Fall viel zu viel“, bedauert Girstenbrei-Wittling.


Merkmale der Abhängigkeit:

+ Starker Wunsch/Zwang
+ Verminderte Kontrollfähigkeit
+ Körperliche Entzugssyndrom (wie z.B. Unruhe, Zittern, Schwitzen)
+ Entwicklung einer Toleranz
+ Fortschreitende Vernachlässigung anderer Vergnügen
+ Anhaltender Substanzkonsum trotz des Nachweises eindeutiger schädlicher Folgen (z.B. Leberschädigung)

Nach der Internationalen Klassifikation der Krankheiten ICD-10 reichen drei der Kriterien aus, damit eine Abhängigkeit besteht.

 

Kontakt:
Caritas-Suchtberatungs- und Behandlungsstelle
Auf dem Kreuz 47
86152 Augsburg
Tel. 0821 3156-432
Fax 0821 3156-400
E-Mail: psb-augsburg@caritas-augsburg.de
Online-Beratung: www.caritas-beratung.de

 

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