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Stand: 19.01.2015

Pressemitteilung

Caritas Europaforum 2007

"Wir sind immer noch auf der Suche nach einer Seele Europas"

Caritas-Präsident Dr. Peter Neher auf dem Europaforum 2007Eine sozialpolitische Flankierung der Wirtschaftspolitik hielt Caritas-Präsident Dr. Peter Neher auf dem Europaforum der nordhrein-westfälischen Caritas in Münster für unverzichtbar.

Münster (cpm) - Trotz gemeinsamer Währung und tausenden von vereinheitlichenden Richtlinien ist die Gemeinschaft noch nicht erreicht: "Wir sind immer noch auf der Suche nach einer Seele Europas", stellte der Präsident des Deutschen Caritasverbandes, Dr. Peter Neher, auf der am Donnerstag zuende gegangenen Europatagung der Caritas in Nordrhein-Westfalen fest. Wenn Europa für die Menschen Hoffnung und Zukunftsperspektive sein solle, brauche der Binnenmarkt eine sozialpolitische Flankierung. Seit dem ersten Europaforum der Caritas 2003 ist eine deutliche Entwicklung in diese Richtung festzustellen, bilanzierte der Münsteraner Diözesancaritasdirektor Heinz-Josef Kessmann zum Ende des zweitägigen Treffens im Fortbildungszentrum des Diözesancaritasverbandes Münster. An der Gestaltung der Sozialpolitik in Europa wolle die Caritas mitarbeiten und sei hier offen, "aber wir wissen auch, was wir an den Strukturen in Deutschland haben", kündigte Kessmann die Verteidigung notwendiger nationaler Standards im Interesse der hilfebedürftigen Menschen an.

Die Mitgestaltung europäischer Sozialpolitik sieht Caritas-Präsident Neher als "Teil des anwaltschaftlichen Engagements" seines Verbandes. Ein Ziel sei es, die Vorteile des deutschen Systems mit der Delegation sozialer Aufgaben an die Freie Wohlfahrtspflege in Brüssel zu erläutern. Sozialpolitik dürfe dabei nicht Teil der Wirtschaftspolitik bleiben, sondern müsse ein eigenständiges Politikfeld werden. Denn "Wachstum und Wohlstand sind nur möglich, wenn die sozialen Grundlagen gesichert sind".

Die Caritas scheue dabei nicht den Markt, aber "die Bedingungen müssen klar und fair sein", forderte Neher. Die Stärke der Wohlfahrtsverbände sieht er gerade in der Verbindung des Haupt- und Ehrenamts mit unternehmerischem Handeln. Am Beispiel der Befähigungsinitiative für Kinder und Jugendliche zeigte Neher auf, wie die Caritas durch konkrete Projekte auf nationaler Ebene sich an der Lösung eines europäischen Problems beteiligt und Vorbildfunktion übernehmen will. Hintergrund sei eine Arbeitslosenquote bei jungen Erwachsenen ohne Berufsabschluss von 15,7 Prozent in der EU und die hohe Rate der Kinderarmut.

Münsters Diözesancaritasdirektor Heinz-Josef Kessmann auf dem Europaforum 2007Als Bilanz des Europa-Forums der Caritas in NRW zog Münsters Diözesancaritas-direktor Heinz-Josef Kessmann unter anderem den Schluss, dass die Trennung zwischen Sozial- und Bildungspolitik aufgehoben werden muss.

"Wir können es uns nicht leisten, eine ganze Generation abzuschreiben", forderte Neher deutlich höhere Investitionen in Bildung. Mit dem Ansatz "Keiner kann nichts" versucht die Caritas in bundesweit 700 Projekten, die Chancen benachteiligter Kinder und Jugendlicher zu verbessern. Kindergärten werden angeregt sich mit Armutsfragen zu beschäftigen, Ausbildungsstellen für einfache Tätigkeiten werden in Caritaseinrichtungen eingerichtet, Caritas-Mitarbeiter begleiten Auszubildende als Paten und Kooperationen mit der freien Wirtschaft werden gesucht, nannte Neher einige Beispiele.

Hierbei geht es für Diözesancaritasdirektor Heinz-Josef Kessmann auch darum, soziale Abstiegserfahrungen von Familien über Generationen zu durchbrechen. Die Trennung zwischen Sozial- und Bildungspolitik müssen dabei überwunden werden. Die einseitige Ausrichtung in der EU auf die Wirtschaftspolitik habe dagegen die Kluft zwischen arm und reich wachsen lassen.

Für die Caritas in NRW sieht Kessmann die Aufgabe, die politische Interessenvertretung zu verstärken - zumindest solange Sozialpolitik in Berlin und Düsseldorf gemacht werde und die EU allenfalls Mindeststandards setze. Gleichzeitig würden sich die fünf Diözesancaritasverbände in Aachen, Essen, Köln, Münster und Paderborn um eine stärkere Nutzung der Förderinstrumente der EU bemühen, um ihre soziale Arbeit weiterzuentwickeln.

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