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Stand: 19.01.2015

Pressemitteilung

Altersarmut

"Wenn sich die Rente nicht mehr rentiert"

Nachdenkliche alte FrauKNA / Oppitz

Düsseldorf/Essen - Vor den Folgen zunehmender Altersarmut warnt die Caritas in NRW. "Alle Zahlen legen nahe, dass auf einen großen Teil der Bevölkerung im Alter sehr eingeschränkte bis ärmliche Verhältnisse zukommen", sagte Dr. Frank Johannes Hensel, Direktor des Diözesan-Caritasverbandes im Erzbistum Köln auf einer Fachtagung der Caritas in NRW am Mittwoch in Essen. Eine Million Menschen sind aktuell auf eine staatliche Grundsicherung im Alter angewiesen sind, doppelt so viele wie vor zehn Jahren. Bei Armut auch im Alter schwinden "die Möglichkeiten der gesellschaftlichen Teilhabe: Geschenke können sie kaum machen, Einladungen schwerlich aussprechen und alle Medikamente und Hilfsmittel erfordern Zuzahlungen oder komplette Eigenfinanzierung", so Hensel.

Die Menschen werden immer älter, und mit zunehmendem Alter meist auch kränker. 145 Euro geben Achtzigjährige im Durchschnitt für medizinische Versorgung aus. Viele Alte leben in Ein-Personen-Haushalten, was relativ gesehen teurer ist. Auch die Ausgaben für Mobilität, etwa Fahrten zum Arzt oder um die verbliebenen Kontakte zu pflegen, sind hoch. Kosten, die Senioren mit geringen Renten stark belasten. Geringverdiener, Alleinerziehende, Teilzeitbeschäftigte, Menschen, die längere Zeit arbeitslos waren, und Migranten aus Syrien, Afghanistan, mit denen keine Sozialversicherungs-Abkommen bestehen, sind besonders gefährdet, in die Altersarmut abzurutschen. Ebenso selbstständige Kleinunternehmer, die oft keinen Cent in die Rentenversicherung einzahlen. Private Zusatzversorgungen kann kaum einer von ihnen aufbringen.

Die Situation sei zwar "im Moment noch nicht dramatisch", so der Sozialwissenschaftler Prof. Gerhard Bäcker auf der Fachtagung. "Doch das Risiko von Altersarmut steigt". Lag das Rentenniveau im Jahr 2000 noch bei 53 Prozent, könnte es nach Berechnungen des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales bis 2045 unter 42 Prozent sinken.

Prognosen, nach denen laut WDR jeder Zweite im Jahr 2030 von Altersarmut betroffen ist, hält der Sozialwissenschaftler Bäcker allerdings für übertrieben: "Die Entwicklung kann niemand genau vorher sagen, das wäre Kaffeesatzleserei". Eine niedrige Rente allein sage nicht alles aus.

In der Statistik zur Altersarmut werden allerdings nur diejenigen erfasst, die einen Antrag auf Grundsicherung stellen. Viele tun dies nicht, Professor Bäcker nennt eine Dunkelziffer von 50 Prozent. Der Soziologe spricht dabei von "verschämter Armut." Von Menschen, die sich scheuen, ihr geringes Einkommen offenzulegen - manchmal aus Stolz, manchmal aus Sorge, dass ihre Kinder herangezogen werden.

Der angestellte Durchschnittsverdiener (3000 Euro brutto im Monat) muss sich aller Voraussicht nach ohnehin auf härtere Zeiten einstellen. Braucht er heute 27 Jahre, um eine Rente oberhalb des Grundsicherungsniveaus zu erarbeiten, muss er 2045 fast 35 Jahre dafür schaffen, sollte das Rentenniveau dann tatsächlich auf knapp 42 Prozent runtergeschraubt werden. Was Bäcker für gefährlich hält: "Damit kommt die Rentenversicherung in eine Akzeptanzkrise". Er plädiert deshalb dafür, die Renten nicht unter 46 Prozent zu senken.

Caritas-Direktor Hensel fordert politische Entschiedenheit und Durchsetzungskraft bei der Bekämpfung von Altersarmut: "Arm sein und arm bleiben ist kein Naturgesetz!"

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