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Stand: 19.01.2015

Pressemitteilung

UWA-Aichach investiert viel Zeit für Lese- und Rechenkurse

 

Aichach, 21.12.2011 ( pca ). Elfriede H. geht zum Einkaufen. Wie jede Hausfrau nimmt sie ihren Einkaufszettel heraus und geht durch den Supermarkt. Sie liest genau bei der Auslage nach, ob sie die richtigen Lebensmittel wählt. An der Kasse prüft sie nach, ob sie nichts vergessen hat, was auf ihrem Einkaufszettel steht. Für die meisten ist diese Situation völlig normal.

Für Elfriede H. auch, es war aber nicht immer so. Elfriede H. ist geistig behindert und arbeitet in den Ulrichswerkstätten (UWA) der Caritas in Aichach. Dass sie lesen und dadurch auch am ganz normalen Alltagsleben teilhaben kann, das verdankt sie einem besonderem Angebot in der Aichacher UWA.

Die Caritas-Mitarbeiterin Pauline Widmann bietet nämlich dort Lese-, Schreib- und Rechenkurse im Rahmen der allgemeinen Fördermaßnahmen an. „Eine unersetzliche Leistung der Ulrichswerkstätten für die gesellschaftliche Inklusion unserer Betreuten“, betont Wolfgang Harter, der Leiter der Werkstätten in Aichach. „Viele können schon lesen, haben aber kein Textverständnis“, sagt Widmann. Traurig stimmt sie aber noch mehr, dass viele nach dem Förderschulunterricht immer noch nicht lesen können.

Widmanns Büro ist eine große Sammlung von unterschiedlichsten Lehrmaterialien für Lese- und Grammatikübungen, Rechenübungen und –spielen. Das reicht von Schulbüchern für die erste bis dritte Klasse bis hin zu einer Sammlung von Asterix-Comic-Magazinen und Büchern.

70 Betreute zählt die Caritas-Mitarbeiterin jedes Jahr, die zu ihr in die Kurse kommen. Für Anfänger nimmt sie sich jeweils fünfzehn Minuten Zeit. Jeder von ihnen erhält eine eigene Lesemappe. Sie haben Einzelunterricht. Fortgeschrittene   erhalten Gruppenunterricht. Bis zu drei Personen sitzen dann bei Widmann um den Tisch herum. Für sie dauert der Unterricht 30 Minuten. Mit ihnen übt sie auch die Rechtschreibung und etwas Grammatik. Die Unterrichtszeiten sind bewusst so kurz angelegt. „Die Konzentration lässt nämlich bald nach.“

Alexander H., er arbeitet im Metallbereich mit, kommt freudestrahlend zu ihr. Ebenso Frank D. und Simone W., beide im Bereich Lettershop tätig. Sie lesen das Comic-Magazin ‚Asterix, der Gallier’. Sie haben Spaß daran. Alexander liest zügig. Mit dem Finger streicht er an den Zeilen entlang. „Beim Teutates “, spricht er deutlich aus. Auch unbekannte Wörter wie „ Sesterz “ bringt er fehlerfrei über die Lippen. Man hört gerne zu. Doch Widmann unterbricht ihn. „Was bedeutet das?“ Alexander weiß. Ein Sesterz ist ein Geldstück der Gallier. Und Teutates ? Hier erklärt Widmann, dass es sich hierbei um einen Namen aus der gallischen Götterwelt der Antike handelt. „Mir geht es auch um Textverständnis. Erst dann macht ja Lesen richtig Spaß“, sagt die Caritas-Mitarbeiterin. Vieles wird bei ihr gelesen. Nicht nur Asterix. Gerne nimmt sie Wilhelm Buschs Geschichten wie auch die Wissensbücher für Kinder aus der Reihe „Weißt du das?“ zur Hand. Mit ihren Schülerinnen und Schülern, die bereits ein sehr gutes Textverständnis haben, liest sie auch Bücher des israelischen Satirikers Ephraim Kishon.

Frank D. bleibt nach dem Leseunterricht sitzen. Bei ihm folgt an diesem Tag das Rechnen. Auch Widmann ist voll dabei. ‚Mathe’ macht ihr selber viel Spaß. Am Gymnasium hatte sie Mathematik im Leistungskurs und wollte einmal sogar dieses Fach studieren. „Rechnen verlangt Verständnis, ist also eine kognitive Leistung, die ich nur bis zu einem bestimmten Punkt durch Üben erlernen kann.“ So würfelt sie mit Frank D. und verliert dabei gegen ihn viel Spielgeld. Frank D. rechnet es jedes Mal selbst aus. Spielerisch erlernen dabei ihre Schülerinnen und Schüler das Addieren, Subtrahieren, Multiplizieren und Dividieren, „auch mit mehrstelligen Dezimalzahlen“, sagt Widmann stolz. Und wenn es im Kopfrechnen nicht so klappt, „ja dann, weise ich sie darin ein, wie man mit Taschenrechnern rechnet.“

Viel Geduld und Ausdauer beweist Widmann. Größere Fortschritte zeichnen sich manchmal erst nach Jahren ab. Aber die Geduld lohnt sich: „Ich bin unheimlich glücklich, dass ich lesen lernen darf: Und Pauline ist meine beste Freundin, weil alle mich aufgegeben hatten, sie aber nicht“, sagt Brigitte R., ebenfalls eine Betreute in der UWA Aichach.  

 

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