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Stand: 19.01.2015

Pressemitteilung

Nicht wegschauen, sondern handeln

 

Augsburg, 23.072009 (pca). Der Statistik zufolge entwickeln drei Prozent aller Mädchen und Frauen und in steigender Zahl auch Männer im Laufe ihres Lebens eine Essstörung. Für den Raum Augsburg sind das rund 4.000 Menschen. Das Projekt Schneewittchen der SOS Jugendhilfen Augsburg sowie die Caritas Suchtberatungs- und Behandlungsstelle Augsburg bieten für diese Menschen unterschiedliche Hilfen angefangen von Information und Prävention, Beratung, Angehörigenarbeit, Motivationsgruppen, Therapievermittlung und Nachsorge an.

Doch nicht nur die Fachleute sind gefragt. „Eltern, Familienangehörige, Freunde, Lehrer und Ausbilder sind gefordert“, so Barbara Habermann von der Beratungsstelle der Caritas bei einem gemeinsamen Informationsabend der Caritas und   der Katholischen Erwachsenenbildung. „Je früher diese Erkrankung erkannt wird, umso günstiger ist die Prognose zur Gesundung.“ Habermann und ihre Kollegin Edith Girstenbrei-Wittling appellierten deshalb an das soziale Umfeld von Menschen mit Essstörungen, „nicht wegzuschauen, sondern zu handeln.“

Viele Eltern und Partner machen sich oft Vorwürfe und suchen bei sich die Schuld für die Essstörung. Die Folge ist Scham, weshalb man das Problem lieber verschweigt. „Das nützt niemandem“, so Girstenbrei-Wittling. Die Schuldfrage sei auch unsinnig, weil eine Essstörung auf viele Gründe zurückgeführt werden kann. Dazu gehören gesellschaftliche Einflüsse wie z.B. der Schönheitskult in den Medien, eine genetisch bedingte höhere Verletzbarkeit ( Vulnerabilität ), chronische Belastungen sowie biologische Veranlagung.

Sechs Tipps gaben deshalb Girstenbrei-Wittling und Habermann den Eltern, Familienangehörigen und Partnern. Es gelte zunächst sich selber zu informieren, auch sich selbst Hilfe zu holen und sich vielleicht auch mit Fachleuten auszutauschen. Dann müsse man die Betroffenen mit seiner Beobachtung konfrontieren und das Problem klar benennen. „Die Betroffenen warten oft darauf, angesprochen zu werden“, so Girstenbrei-Wittling. Sehr häufig fragten sich die Erkrankten insgeheim, so die Erfahrung der Referentin, was sie denn noch alles unternehmen müssten, um wahrgenommen zu werden. Als dritten Schritt müssen klare Regelungen dafür gefunden werden, ob und wie das gemeinsame Essen gepflegt wird. „Ehrlichkeit und Offenheit sind hier wichtig, ansonsten taugen die Regelungen nichts.“ Viertens gelte es, jegliche Heimlichkeiten zu vermeiden, d.h. alle Familienmitglieder sind einzubeziehen. Dadurch entstehe nicht nur ein Verhaltensgerüst zur Orientierung. „Betroffene erlernen dadurch eine neue Bewältigungsstrategie, die ihnen hilft, von ihrer bisherigen – nämlich der Essstörung – wieder allmählich loslassen zu können“, so die Beraterin der Caritas.

Girstenbrei-Wittlings fünfte Empfehlung lautete: „Sorgen Sie auch für sich und leiden Sie nicht mit.“ Das sei kein Egoismus oder gar Gefühlskälte. Indem die Angehörigen für sich etwas Gutes tun und das vorleben, „übernehmen sie eine Vorbild- und Modellfunktion, weil an Essstörungen leidende Menschen sich schwer tun, für sich selbst zu sorgen.“

Wenn alle anderen Hilfsversuche gescheitert sind und das Leben der betroffenen Person bereits gefährdet ist, dann müsse man eine Zwangsbehandlung einleiten. „Das kann aber nur der letzte Versuch sein“, sagte Habermann.

 

Info:

Essstörungen umfassen im Wesentlichen die Mager-, die Ess-Brech- und   die Esssucht. Sie sind erkennbar am massiven Gewichtsverlust und einer ständigen Beschäftigung mit Nahrungszubereitung (Magersucht), Heißhungeranfällen mit anschließendem Erbrechen, depressiven Stimmungen und möglicherweise leichten Kratzwunden an den Händen (Ess-Brechsucht)   und Herz-Kreislauf-Beschwerden sowie einer deutlichen Gewichtszunahme (Esssucht).

Diesen drei Formen der Essstörungen ist gemeinsam, dass die soziale Kommunikation mit dem Umfeld zunehmend gestört ist, weil die an der Krankheit leidenden Personen sich zunehmend in ihre Welt zurückziehen.

Folgeerkrankungen können sein: Karies, Haarausfall, Herz-Kreislaufprobleme, Störungen des Elektrolythaushaltes bis hin zu lebensbedrohlichen Zuständen

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