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Stand: 19.01.2015

Pressemitteilung

Augsburg

Mitgehen, auch wenn die Kultur des anderen fremd ist

Caritas-Fortbildungstag will Blick der Hospizgruppen für sterbende Menschen mit Migrationshintergrund, Wohnungs- und Obdachlose sowie Strafgefangene schärfen

 

Augsburg, 17.05.2021 (pca).Es gibt Menschen, die kaum gehört und kaum gesehen werden, aber genauso dieselben Bedürfnisse wie alle Menschen haben: nach der Nähe ihrer Liebsten, nach Schmerzfreiheit und nach zuwendender Fürsorge. Diesen so oft und allzu schnell übersehenen und übergangenen Menschen widmete sich der Fortbildungstag der Hospizgruppen im Bistum Augsburg, zu dem der Fachbereich Hospiz des Caritasverbands für die Diözese Augsburg eingeladen hatte.  "Den Blick öffnen - neue Wege gehen", unter diesem Titel stand die Online-Veranstaltung.

Obwohl in Bayern etwa ein Viertel der Einwohner - in größeren Städten fast die Hälfte - einen Migrationshintergrund habt, sei diese Bevölkerungsgruppe in der Hospiz- und Palliativarbeit unterrepräsentiert. Darauf wies Yasemin Günay vom Münchner Hospizdienst DaSein in ihrem Fachvortrag hin. Sie machte darauf aufmerksam, dass etwa die Arbeitsmigranten, die in den 50er- bis zu den 70er Jahren aus der Türkei abgeworben worden sind, im Vergleich früher als die einheimische Bevölkerung an im Alter häufigen Krankheiten leiden - oft schon ab dem 55. Lebensjahr. "Heimat- und Fernweh macht krank", weiß Yasemin Günay, die selbst in zweiter Generation aus einer türkischen Einwandererfamilie stammt. "Da ist die ständige Angst, der nicht erfüllte Wunsch, wieder in die Heimat zurückzukehren", so Günay. Was die hospizliche Begleitung von Migranten und ihren Angehörigen betrifft, gebe es dafür noch zu wenige Ehrenamtliche, die dieselben Wurzeln haben, ihre Sprache sprechen und mit deren Lebenskultur vertraut sind.

Yasemin Günay zeigte auf, worauf bei einer "kultursensiblen  Begleitung" zu achten ist. Da sind etwa kulturelle Unterschiede in der Weise und den Ritualen des Trauerns. Hierzulande trauere man eher in sich gekehrt, in der kleinen Gruppe. Die orientalisch geprägte  Trauerkultur sei hingegen "nach außen gerichtet". Sie werde offen und gemeinschaftlich ausgelebt. "Das kann bei Begleitern für einen kurzen Moment zu Überforderung führen", so Günay. Gut zu wissen sei es auch, dass es in anderen Kulturen nicht üblich ist, über die eigene Krankheit oder den Tod zu sprechen. In anderen Kulturen werde über den Schmerz oft erst dann gesprochen, wenn es wirklich weh tut. Und dann auch nicht so genau, sondern in Bildern wie "Mir brennt die Leber". Kultursensible Begleitung, so Yasemin Günay, heiße, mitgehen zu können, auch wenn mir manches aus der anderen Kultur fremd ist - ohne dabei die eigene Identität zu lassen. Jeder Mensch trage in sich sein innerstes Wertesystem, das, was ihn prägt, das, was sich nicht so leicht ablegen lässt.

Wie können Menschen in der letzten Phase ihres Lebens begleitet werden, wenn sie kein Zuhause haben? Über die hospizliche und palliative Versorgung von Wohnungs- und Obdachlosen sprach Annelise Heilmann, auch sie wirkt beim Münchner Hospizdienst DaSein. "Die Orte, wo wir leben, müssen auch die Orte sein, an denen wir sterben", darauf wies Annelise Heilmann hin. Dieses Zuhause sei oft die Unterkunft, wo Wohnungs- und Obdachlose zuletzt gelebt haben. An einem Fallbeispiel von einem Wohnungslosen, der neben anderen Vorerkrankungen schwer an Krebs litt, zeigte Annelise Heilmann auf, dass für dessen Begleitung und Fürsorge ein ganzes Netzwerk von Münchner Einrichtungen und Organisationen - insgesamt 25 Akteure - notwendig war. "Man konnte doch diesen Menschen nicht auf die Straße entlassen", so Heilmann. Auch Menschen wie diese hätten das Recht auf den Schutz ihrer Würde und einen respektvollen Umgang mit ihnen.

Diese Rechte gelten genauso für sterbende Strafgefangene. Pfarrerin Henrike Schmidt berichtete aus ihrer Erfahrung als Gefängnisseelsorgerin im Krankenhaus der Justizvollzugsanstalt Hohenasperg. Sterben im Gefängnis? Nicht nur In der Begleitung der Strafgefangenen am Lebensende müssen die besonderen Umstände im Blick behalten werden. Pfarrerin Schmidt nannte einige: Im Gefängnis besteht keine freie Arztwahl, Gefangene dürfen nicht frei wählen, wer bei ihnen ist, auch den Ort, an dem sie sterben, dürfen sie nicht selbst wählen. Besonders zu berücksichtigen seien auch die spezifischen Fragen, die bei Gefangenen auftauchen, vor allem die nach Schuld und Vergebung. "Diese Menschen haben Anspruch auf diese Fragen und auch auf die Antworten darauf", beschrieb  die Pfarrerin ihren seelsorglichen Dienst. 

 


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