Augsburg, 07.08.2012 (
pca
). Wer
als Kind als Kindersoldat missbraucht worden war, trägt daran sein ganzes
Leben. Viele von ihnen werden psychisch labil. Und sie bleiben es, auch wenn
sie nach ihrer Flucht in einem sicheren Land wie Deutschland angekommen sind. Deshalb
benötigen sie besondere, auf sie abgestimmte Hilfen und eine spezielle, auch
therapeutische Begleitung. In Augsburg und Neuburg an der Donau kümmert
sich
das Hilfsnetzwerk für besonders
schutzbedürftige Flüchtlinge (HIFF) um diese schwer traumatisierten früheren Kindersoldaten.
Das Projekt steht aber nicht nur den ehemaligen Kindersoldaten zur Seite. Es
sorgt sich auch um minderjährige Kinder und Jugendliche, die keine Angehörigen
haben und unbegleitet im Fluchtland leben, und um werdende Mütter und Mütter
minderjähriger Kinder. HIFF wird getragen vom Caritasverband für die Diözese
Augsburg e.V., von der Diakonie Augsburg,
Refugio
München und der Regierung von Schwaben. Finanziert wird das Projekt aus
Eigenmitteln der Wohlfahrtsverbände und durch Fördermittel aus dem Europäischen
Flüchtlingsfonds und des Bayerischen Sozialministeriums.
Das Projekt HIFF gibt es in Augsburg zwar schon länger. Nun
ist es aber erweitert worden auf die Gemeinschaftsunterkunft für Flüchtlinge in
Neuburg und auf die Gemeinschaftsunterkünfte für Familien und jene
für alleinstehende Männer in Augsburg. Hinzu
gekommen ist auch die Zusammenarbeit mit „
Refugio
München“. Dieser Dienst hat einen sehr guten Namen als Einrichtung für
therapeutische Hilfen für traumatisierte Flüchtlinge. „
Refugio
München“ stellt die Diplom-Psychologin Anna
Cibis
für
10 Stunden pro Woche für die Erstellung von Diagnosen ab.
Cibis
soll zudem ein Therapeutennetzwerk aufbauen. „Für uns als Sozialpädagogen und
Ergotherapeuten ist diese fachliche Hilfe sehr wichtig und sehr lehrreich“, zeigt
sich Werner Neumann vom Augsburger Diözesan-Caritasverband dankbar. Er leitet
das
HIFF-Projekt
.
90 Menschen sollten in einem Jahr betreut werden, so die
Grundannahme des Projektes. Doch schon jetzt ist die Zahl erreicht. „Eigentlich
müssten wir schon jetzt Personal aufstocken“, sagt er. „Aber die hohe Anzahl
von besonders schutzbedürftigen Menschen beweist jedermann, wie wichtig das
Projekt ist.“
Derzeit betreut das Projekt vor allem Flüchtlinge aus Sierra
Leone, Nigeria und Afghanistan. Sierra Leone
blickt
auf eine unrühmliche Geschichte der Kindersoldaten zurück. In Afghanistan
scheinen sich Krieg und Stammeskämpfe auf Dauer beheimatet zu haben.
Kriegstraumata beschäftigen deshalb heute die Flüchtlingsbetreuer mehr als
andere psychische Erkrankungen. Depressionen, Schizophrenien oder chronische
psychische Erkrankungen wie zum Beispiel Angst- oder Zwangsstörungen stehen
deshalb nicht mehr so im Mittelpunkt wie früher.
Von außen betrachtet erscheint der Alltag der
MitarbeiterInnen
des
HIFF-Projektes
dagegen wie eine nette
Begleitung im Alltag. „Die Oberfläche täuscht aber“, meint Neumann. Die
sozialpädagogische Arbeit sei „bitter nötig“, um diese Menschen ‚von ganz
unten’ abholen und ihnen wieder ein Gerüst als ein Stück Hilfe zur Selbsthilfe
mitgeben zu können. Dazu gehört es, Vertrauen auch dadurch aufzubauen, indem die
HIFF-MitarbeiterInnen
die Flüchtlinge zum Arzt
begleiten, ihnen erklären, warum ein Medikament wichtig und warum es regelmäßig
einzunehmen ist. Auch wenn der Flüchtling beim Ausländeramt verschiedene Fragen
zu klären hat oder Beratung für sein Asylverfahren benötigt, stehen die Frau
und Männer von HIFF ihnen zur Seite.
HIFF bietet auch Arbeits- und Freizeitangebote an. Traumatisierte
und psychisch kranke Menschen haben es verlernt, ihren Tag zu strukturieren.
„Da wollen wir und müssen wir helfen, denn es geht um Menschen wie Du und ich“,
betont Neumann. Als das Bundesverfassungsgericht sein Urteil zum
Asylbewerberleistungsgesetz fiel, begründete es seine Entscheidung mit einer
klarer Positionierung: „Die Menschenwürde ist
migrationspolitisch
nicht zu relativieren.“ „Dem ist nichts hinzuzufügen“, merkt Neumann an.