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Stand: 19.01.2015

Pressemitteilung

Für Firmen entsteht keinerlei Risiko

 

Aichach, 12.02.2014 ( pca ). Er ist eigentlich nie krank, will, ja muss arbeiten, um sich gut zu fühlen, und hat nichts dagegen, den ganzen Tag im Freien zu arbeiten. Das sind alles perfekte Voraussetzungen für einen guten Arbeitsplatz, die Thomas Friedl mitbringt. Doch erst jetzt kann der 33-jährige Aichacher seine Talente, Eignungen und Neigungen in eine Arbeitsstelle einbringen. Die Aichacher Firma Hecken Hutzler für Garten- und Landschaftsbau hat ihm eine Arbeitsstelle angeboten. So normal, wie sich das anhört, ist es aber nicht. Friedl hat nämlich wegen seiner Einschränkungen zuvor in den Ulrichswerkstätten Aichach in der Leichtmontage und als eifriger Hilfshausmeister mitgearbeitet.

Werkstattbeschäftigte hatten früher auf dem Ersten Arbeitsmarkt eigentlich keine Chance. Die politischen und ­gesetzlichen Vorgaben waren erfüllt, wenn sie in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung einen für sie passenden Arbeitsplatz hatten. Mit der UN-Behindertenrechtskonvention hat sich dies geändert. Jetzt gilt es, Möglichkeiten und Wege für eine gleichberechtigte aktive Teilhabe am normalen Leben zu schaffen. Das ­betrifft auch den Arbeitsmarkt. Dass nicht jeder Mensch mit ­einer Behinderung für den ersten Arbeitsmarkt geeignet ist, ist kein ­Geheimnis. Aber es gibt einige, die dort gut mitarbeiten können, aber Betreuung und Begleitung an diesem Arbeitsplatz brauchen. So wurde das Angebot der „Ausgelagerten ­Arbeitsplätze“ bzw. ­„Außenarbeitsplätze“ ­geschaffen.

Für die Firmen entsteht keinerlei Risiko. Diese neuen Mitarbeiter behalten nämlich ihren Beschäftigungsvertrag mit den Werkstätten. Außer es wird nach einer bestimmten Zeit anderes vereinbart. Die Werkstätten halten ­regelmäßig – anfangs häufiger, später aber mindestens einmal im Monat – Kontakt mit dem Betreuten in der Firma, mit deren ­Beschäftigten und Chefs, so dass die sozial­pädagogische Beratung und ­Unterstützung stets gewährleistet ist. Für den Aichacher Raum ist Johannes Kuderna verantwortlich.

Friedl hatte anfangs Schwierigkeiten bei der Firma Hecken- Hutzler . Das lag nicht an den Kollegen. Bei der Pflanzenpflege war er anfangs unbeholfen. Wenn der Rasenmäher abstarb, wusste er ­anfänglich nicht mehr weiter und tat sich schwer, dies schnell zu lernen. Thomas Hutzler , der Firmenchef, verfolgt hierbei klare Prinzipien. „Wir können da keine 1:1-Betreuung abstellen“, sagte er. Deshalb rief er Kuderna an, um mit ihm über seine Bedenken zu sprechen. Kuderna tat dann das, was zum Konzept der Außenarbeitsplätze gehört. „Wir lassen weder den Betreuten, noch die Firma allein.“ Kuderna begleitete dann zwei Wochen lang Friedl bei der Arbeit und studierte mit ihm all die Fertigkeiten ein, die er brauchte. „Jetzt passt es“, so auch Hutzler . Stolz ist er auch auf seinen Mitarbeiterstamm. „Da gibt es keinerlei Diskriminierung.“

Auch Eva Burkhard (21) hat einen ­Außenarbeitsplatz gefunden. Jeden Dienstag arbeitet sie nun im Integrativen Kinderhaus der Lebenshilfe in Aichach. „Für uns war es keine Frage, ihr diese Möglichkeit zu bieten“, sagt der Heilerziehungspfleger Martin Sprenzl . Gemeinsam mit seiner Gruppenleiterin, der Heilpädagogin Kati Herrmann, haben sie Burkhard Schritt für Schritt an ihre Aufgaben herangeführt. „Sie lernt bei uns, selbst Verantwortung zu übernehmen.“ So übertrug man ihr ­bestimmte einzelne Aufgaben. Sie muss den Gruppenraum für die Kinder vorbereiten und zum Beispiel die Stühle ­herunterstellen. Sie hilft bei der Brotzeit und passt beim Zähneputzen auf. Besonderen Spaß macht es ihr, mit den Kindern zu spielen. „Eva ist lustig und macht gerne Späße“, erzählt Sprenzl . „Auch hat sie ein gutes Einfühlungsvermögen für Kinder.“ Und wie geht es ihr dabei? „Mir gefällt es hier sehr gut“, sagt sie.

Eine ganz andere Fähigkeit bringt Johann Tyroller in seinen Arbeitsplatz als Verwaltungskraft mit. Tyroller hatte mit 25 Jahren einen Tumor. Seitdem kann er nicht mehr gehen, auch seine Arme nicht nutzen und er braucht ­einen Zwerchfellschrittmacher, weil seine Lungen nicht selbständig atmen.

Sein „eigentliches“ Problem aber, so der heute 56-jährige Tyroller humorvoll, sei sein bayerischer Dialekt. Er nutzt nämlich eine Sprachsteuerung für seinen Computer. „Die Software versteht aber nur Hochdeutsch.“ Von Montag bis Freitag fährt er mit seinem Betreuer für vier Stunden zum Haus St. Vinzenz, einer Wohnstätte für Menschen mit Behinderung. Dort hat er sein Büro. Er schreibt Dienstpläne und Listen und kümmert sich um den Schriftverkehr mit den Krankenkassen. Privat ist er manchmal für Vereine als Journalist unterwegs.

Tyroller ist dankbar für seine Arbeit. „Ich bin begeistert“, erzählt er, auch weil er und seine Arbeit „voll anerkannt“ würden. „Das gibt mir ein gutes Selbstwertgefühl. Ich habe eine Aufgabe, ich habe eine Pflicht zu erfüllen.“ Zudem komme er raus unter andere Menschen.

Robert Winzer, Leiter der Ulrichswerkstätten Aichach, erkennt genau darin, einen großen Vorteil der „Außenarbeitsplätze“. „Sie kommen raus und lernen andere Menschen kennen. Sie erfahren Wertschätzung, ihr Selbstwertgefühl, aber auch ihre soziale Kompetenz werden gestärkt.“ Und die Firmen, die sich bereit erklären, einen Menschen mit ­Behinderung auf einem Außenarbeitsplatz zu beschäftigen, „gewinnen Mitarbeiter, die Spaß an der Arbeit haben und auch sehr fleißig sind“.

 

Info und Kontakt:
Dipl.- Soz.päd . (FH) Tanja Güntner
Bildungsbegleiterin und
Qualifizierungsbeauftragte
Ulrichswerkstätten Augsburg
CAB Caritas Augsburg Betriebs­träger gGmbH
Ressort Behindertenhilfe
Hanreiweg 9
86153 Augsburg
Tel. 0821 / 5606-212
E-Mail:   t.guentner@cab-b.de

 

Johannes Kuderna
Ulrichswerkstätten Aichach
Sozialdienst/Qualifizierungsbeauftragter

Flurstraße 52
86551 Aichach

Tel. 08251 8762-116

E-Mail: j.kuderna@cab-b.de

Dipl.- Soz.päd . (FH) Julia Endris
Bezirk Schwaben
Sozialverwaltung
Hafnerberg 10
86152 Augsburg
Tel. 0821 3101-4189
E-Mail: julia.endris@bezirk-schwaben.de

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