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Stand: 19.01.2015

Pressemitteilung

"Die spinnen nicht, sie sind krank und brauchen Hilfe"

 

Augsburg, 09.10.2013 ( pca ). Fast 20 Prozent der über 65-jährigen Menschen leiden an Depressionen. Obwohl als wirkliche Krankheit anerkannt, herrschen dennoch Vorurteile in der Gesellschaft, aber auch selbst bei den Betroffenen. „Die spinnt ja“, so der Vorwurf gegenüber Menschen, die mehr und mehr aus ihrer Lebensspur geraten. „Doch die spinnen nicht, sie sind krank und brauchen Hilfe.“ Brigitte Wowra , die dies unterstreicht, arbeitet seit drei Jahren beim Sozialpsychiatrischen Dienst der Caritas in Neu-Ulm und betreut dort den gerontopsychiatrischen Aufgabenbereich. Wowra sprach beim Ehrenamtlichentag der Sozialpsychiatrischen Dienste der Caritas im Bistum Augsburg über psychische Erkrankungen im Alter.

Depressionen sind offensichtlich nicht so leicht zu diagnostizieren. „Fast 50 Prozent der Depressionen werden nicht erkannt“, so Wowra . Eine Ärzteschelte verband sie mit dieser Feststellung nicht. Depressionen seien nämlich keine Krankheit, die auf einmal auftrete und dann gänzlich zu erkennen sei. Depressionen entwickeln sich in „einem schleichenden Prozess“. Der Beginn ist undeutlich. Doch wenn die Symptome „Jammern und Weinen“, fortwährende Unruhe und Unrast, Reizbarkeit, Gewichtsverlust, Schlaflosigkeit, ein sich steigerndes Gefühl der eigenen Wertlosigkeit, Abnahme der Denk- und Konzentrationsfähigkeit sich über einen längeren Zeitraum erstrecken und keine Besserung eintritt, dann seien es nicht mehr nur Beschwerden, „sondern klare Hinweise auf eine depressive Erkrankung“. Dann sollte man spätestens einen Facharzt oder eine Beratungsstelle aufsuchen, so ihr Rat.

Diesen Rat sprach Wowra vor den ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern deutlich aus. Doch gleichzeitig gab sie zu bedenken, vorsichtig mit den Begriffen „Facharzt“, „Sozialpsychiatrische Beratungsstelle“ und „Psychiater“ im Gespräch mit Betroffenen umzugehen. „Ältere Menschen schämen sich dafür, psychisch erkrankt zu sein. Wenn sie diese Begriffe hören, machen sie die Schotten dicht.“   Zudem hätten Untersuchungen gezeigt, dass ältere Menschen, wenn sie erkranken, nun einmal zu ihrem Haus- bzw. Allgemeinarzt gehen, zu dem sie in vielen Jahren ein Vertrauensverhältnis aufgebaut hätten. Zwar würden Depressionen in Allgemeinarztpraxen in nur 8 bis 11 Fällen von 100 erkannt und diagnostiziert, 70 bis 80 Prozent der an Depressionen erkrankten Menschen würden aber gleichzeitig von Allgemeinärzten behandelt. „Deshalb ist es wichtig insbesondere für Angehörige, den Hausarzt für eine mögliche Diagnose und Behandlung mit einzubeziehen“, so Wowra .

Angehörigen und Freunden wie auch den ehrenamtlichen Helfern empfiehlt sie, die betroffenen erkrankten Personen nicht mit Ratschlägen zu konfrontieren, sondern ihnen zuzuhören und auf sie einzugehen. Im Gespräch miteinander könnte das, was seelisch nicht verarbeitet wurde und vielleicht auch zu der depressiven Erkrankung führte, etwas aufgebrochen werden. Helfer, Berater, Angehörige und Freunde sollen für dieses Gespräch „viel Humor, viel Liebe und noch mehr Liebe mitbringen“, wie es die ehrenamtliche Helferin Stana Porok (64) aus Thannhausen auf den Punkt brachte. Aber auch das Gebet, fügte Wowra hinzu, könne an Depressionen erkrankten Menschen helfen, wie sie aus vielen Erzählungen gläubiger Menschen weiß. „Der Mensch tritt ein in eine Kommunikation mit seinem Gott und kann dadurch bei ihm Belastendes abladen.“

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