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Stand: 19.01.2015

Pressemitteilung

Schwabmünchen

Beratung war und ist für sie wie ein Motor

Leitung des Caritas-Zentrums für Seelische Gesundheit Ursula Köhler-Baiter geht in Ruhestand, unterstützt aber weiterhin den Krisendienst

 

Schwabmünchen / Augsburg, 12.07.2021 (pca). Die Suchtfachambulanz, der Sozialpsychiatrische Dienst sowie die Tagesstätte für psychisch erkrankte Menschen in Schwabmünchen sind für Ursula Köhler-Baiter nicht nur notwendige Dienste und Angebote der Caritas für Menschen in entsprechenden Not- und Lebenslagen. Sie sind ihr auch ein Stück Heimat geworden. Sie hat diese Dienste mit aufgebaut. Seit 2007 hatte sie die Leitung inne. Diese Angebote, ihr Auftrag als Leitung, die vielfältigen Erfahrungen locken bei ihr Worte und Sätze wie "spannend", "eine Herausforderung", "man ist und muss ständig eine Lernende bleiben" hervor. "Wir dürfen die Menschen, die sich uns anvertrauen, nicht nur beraten und begleiten. Wir müssen uns für sie in der Gesellschaft einsetzen." Wer sie so reden hört, versteht, wie groß für der Einschnitt am 31. Juli 2021 sein wird. Es wird ihr letzter offizieller Arbeitstag bei der Caritas sein. Danach beginnt ihr wohlverdienter Ruhestand.

Köhler-Baiter ist Diplompädagogin (Univ.), Supervisorin und systemische Familientherapeutin. Nach ihrem Studienabschluss arbeitete sie von 1982 bis 1983 in der Jugendarbeit. Zum 1.4.1983 stellte sie der damalige Diözesan-Caritasdirektor Prälat Hermann Lutz (1965 - 1990/+2008) für den Sozialpsychiatrischen Dienst in Augsburg ein. Zur Beratung gehörte auch die Leitung einer therapeutischen Wohngemeinschaft mit sieben psychisch kranken Frauen zu ihren Aufgaben dazu. Von 1988 bis 1996 war sie für die Erziehung ihrer beiden Kinder beurlaubt, bevor sie beim Caritasverband beruflich wieder voll einstieg. Nach einem halben Jahr als Arbeitsassistenz für psychisch Erkrankte mit anerkannter Schwerbehinderung beim Sozialpsychiatrischen Dienst in Günzburg führte sie das Vorhaben des Bezirks Schwaben, die ländlichen Regionen besser mit Beratungsangeboten zu versorgen, nach Königsbrunn. 

Hier hat sie von Anfang an die Beratungsstellen für Suchtfragen und des Sozialpsychiatrischen Dienstes in den beiden Landkreisen Augsburg und Aichach-Friedberg mit aufgebaut. 2007 übernahm sie die Leitung dieser Dienste. 2011 wurde die Tagesstätte für psychisch kranke Menschen eröffnet, die als neues Angebot in Schwabmünchen unter ihrer Leitung hinzukam. Alle drei Dienste wurden unter dem Namen "Zentrum für Seelische Gesundheit" zusammengefasst. 

Neben den vielen organisatorischen und verbandlichen Aufgaben blieb nicht auf der Strecke, was sie seit Beginn ihres Berufslebens am meisten gereizt hat und das sie bis heute pflegt: die Beratungstätigkeit. "Sie ist für mich immer wie ein Motor gewesen", sagt Köhler-Baiter. Bei jedem Menschen müsse man sich auf eine neue Situation einstellen. Einen Kontakt zueinander von Mensch zu Mensch herzustellen, das ist für sie als Beraterin nie nur ein verbaler Austausch gewesen. "Der Austausch muss von gegenseitiger Wertschätzung geprägt sein." Nur so öffne sich auch der eigene Blick wie auch des Gegenübers für dessen Stärken bzw. Ressourcen. Das könne man nicht von Anfang an, und es gelinge auch nicht bei jedem Menschen. Im letzteren Fall müsse man bereit sein, das Gespräch jemand anderem im Team anzuvertrauen. 

Nicht gerne erinnert sie sich daran, wie in den Anfangszeiten ihrer Caritas-Tätigkeit psychische Erkrankungen "stigmatisiert" waren. Denn immer wieder mussten vor allem auch andere Institutionen davon überzeugt werden, welchen Auftrag die Sozialpsychiatrischen Dienste haben und wie wichtig diese Dienste für die Betroffenen  sind. Psychische Erkrankungen waren in der Gesellschaft nicht als Krankheit anerkannt - und so konnten Beratungen auch nicht als Leistungen bei den Krankenversicherungen abgerechnet werden. Die Kassen übernahmen pauschal nur 20 Prozent der Kosten, die 2002 auch noch eingestellt wurden. In der Folge mussten Stellen gestrichen werden. Dann sprang der Bezirk als Sozialkostenträger zum Teil ein. "Gott sei Dank ist die Situation heute anders", betont Ursula Köhler-Baiter: "Eine psychische Erkrankung ist heute als solche anerkannt und wird auch von der Gesellschaft eher wahrgenommen und akzeptiert als früher." 

So sehr sie diese Entwicklung begrüßt und in ihrem Verantwortungsbereich gefördert hat, so sehr weiß sie gleichzeitig, dass man als Beratende selbst darauf achten müsse, psychische Krankheiten nicht selbst zu stigmatisieren und dadurch den Kontakt auf Augenhöhe zu den Betroffenen zu verlieren. "Das wäre schlimm." Deshalb hat sie in allen Berufsjahren immer auf den Austausch mit ihren 22 haupt- und elf ehrenamtlichen Mitarbeiter*innen in verschiedenen Teams Wert gelegt. Die Sichtweise der anderen sei wichtig, "weil der Klient bei jedem anderen etwas anderes auslösen kann". Fortbildung, Supervision, kollegialer Austausch und Rückzugsmöglichkeit  - das waren und sind für sie unersetzliche Formen der Fürsorge für sich selbst. "Nur so können wir auch weitergeben, helfen und beraten." 

Köhler-Baiter weiß natürlich schon länger, dass ihr Dienstzeitende bei der Caritas als Angestellte näher rückt. Sie gesteht: "Das ist nicht einfach für mich, wenn ich an den 31.7. denke." Zufrieden ist sie aber, dass psychisch kranke und suchtkranke Menschen heute "jetzt richtig wahrgenommen" werden. Dass die bayerischen Bezirke einen Krisendienst für Menschen in akuten seelischen Krisen eingerichtet haben, beweise dies. Die Sozialpsychiatrischen Dienste des Caritasverbandes für die Diözese Augsburg wirken hier mit. Ursula Köhler-Baiter wird wie bisher schon als Krisenreferentin die Kräfte schulen, die an Abenden, Wochenenden und Feiertagen für den Krisendienst im Einsatz sind, um direkt zu den Menschen in akuter Not ausrücken zu können. Darauf freut sie sich - wie auch auf weitere neue Möglichkeiten und neue Freiheiten.

Mit dem Aufbau und der Leitung der drei Caritas-Dienste - Suchtfachambulanz, Sozialpsychiatrischer Dienst und Tagesstätte - hat sie deutliche Spuren im südlichen Landkreis Augsburg und bei der Caritas hinterlassen. Eine dieser Spuren ist noch nicht sichtbar. Ein wichtiges Anliegen war ihr nämlich, den Neubau für das Zentrum für Seelische Gesundheit auf den Weg zu bringen. Es freut sie sehr, dass inzwischen bereits alle Genehmigungen vorliegen und der Baumaßnahme eigentlich nichts mehr im Wege steht. 

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