Augsburg, 23.11.2006
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pca
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Immer mehr junge Familien mit Kindern in
Bayern rutschen in die Verbraucherinsolvenz ab. Die Gesamtzahl der
Verbraucherinsolvenzen ist im ersten Halbjahr 2006 um 47 Prozent auf 4.680
gestiegen (1. Halbjahr 2005: 3.183). Auch im
Bistum Augsburg sind die Fallzahlen bei der Caritas von 374 auf über 500
gestiegen. Der für 2006 vom Freistaat Bayern zugesagte pauschale Sockelförderbeitrag
von 1,3 Mio. Euro für alle anerkannten Insolvenzberatungsstellen reicht deshalb
immer weniger aus, „um die Kosten für Personal und Sachkosten zumindest
einigermaßen abdecken zu können“, so Regina Hinterleuthner, Fachgebietsleitung
Schuldner- und Insolvenzberatung der
Caritasverbandes für die Diözese Augsburg.
„Die Steigerung der Fallzahlen bedeutet eine
Kürzung der Fallpauschalen um knapp über 30 Prozent und damit eine dramatische
Lohnkürzung für die allseits für ihre Professionalität bekannten
Insolvenzberaterinnen und -berater. Kein Abgeordneter würde es hinnehmen, wenn
seine Diäten so dramatisch gekürzt würden“, empört sich Hinterleuthner, die
auch Sprecherin der Schuldnerberatungsstellen
der Caritas in Bayern ist.
„Wenn der Freistaat nicht grundlegend umdenkt,
müssen wir Beratungsstellen streichen“, warnt Prälat Peter C. Manz, Direktor
des Diözesan-Caritasverbandes. Prälat Manz will das aber nicht und wird sich deswegen
bei allen Gelegenheiten und Begegnungen dafür einsetzen, dass das Thema erneut
auf den Tisch kommt. „Hier geht es nicht nur um nüchterne Zahlen, hier geht es
um Menschen, um Familien, um die Verantwortung des Staates.“ Manz fordert auch
einen „politischen Weitblick, der nicht nur die Förderhöhe an sich betrachtet,
sondern zum volkswirtschaftlichen Vorteil eine Gesamtbetrachtung von
Investition und gesellschaftspolitischen Ergebnis durchführt“.
Wenn die
Wohlfahrtsverbände ihre Schuldnerberatung reduzieren müssten, hätten die Betroffenen
keine andere Wahl als sich an gewerbliche
Schuldnerregulierer
zu wenden, erläutert Hinterleuthner. Da die gewerblichen
Schuldnerregulierer
auch Geld verdienen wollten, sei oftmals genug eine weitere Verschuldung die
Folge. „Die Verschuldungsproblematik wird nur noch dramatischer, die Verarmung
wird nur noch schlimmer, die Folgelasten für den Staat sind nur noch höher“, so
Manz. Er appelliert deswegen an den Freistaat, die Förderung für die
professionelle und
zielorientierte
Insolvenzberatung
der Wohlfahrtsverbände deutlich aufzustocken. „Bei dieser Beratung werden keine
Spenden vergeben, sondern zeigt Wege auf, wie der Einzelne mit eigenem
Engagement aus seiner Verschuldungssituation herausfinden kann.“ Staat und Gläubiger
würden nur davon profitieren, so Manz.
Bayern gehört
nach Auskunft von Hinterleuthner gemeinsam mit Baden-Württemberg bei der
Förderung der Insolvenzberatung zu den Schlusslichtern in Deutschland. „Andere
Länder betrachten den Gesamtzusammenhang und sparen dadurch viele unnötige
Folgekosten“, so Hinterleuthner.
Bayern stellte
nur für den Zeitraum Januar bis August 2006 einen Bruttobetrag von 1,6 Mio.
Euro zur Verfügung für alle anerkannten Insolvenzberatungsstellen im ganzen Freistaat.
Nach Abzug von etwa 300.000 Euro – Beträge mit dem Titel „Haushaltssperre“ –
kommen aber de facto nur 1,3 Mio. Euro netto zur Auszahlung. Um das ganze Jahr
Insolvenzberatung kostendeckend anbieten zu können, müsste der Etat auf rund
2,7 Mio. Euro netto aufgestockt werden, fordert Hinterleuthner. Eine Erhöhung
auf 1,9 Mio. Euro brutto, so wie sie nach Informationen der
Caritas-Insolvenzberaterin in der Diskussion zu stehen scheint, „reicht nicht
aus, denn das wäre immer noch eine Kürzung pro Einzelfall um 25 Prozent“.