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Stand: 19.01.2015

Pressemitteilung

"Auch wir Nichtautisten wären am Abend kaputt"

 

Augsburg, 20.10.2011 ( pca ). Erste Aufgabe: Nehmen Sie ein Blatt Papier auf den Rücken und reißen Sie einen Stern daraus. Zweite Aufgabe: Fädeln Se Perlen mit Handschuhen auf eine Schnur auf. Dritte Aufgabe: Erzählen Sie Ihrem Nachbarn von Ihrem letzten Urlaub, allerdings ohne Wörter, in denen die Buchstaben ‚a’ und ‚n’ vorkommen. Wer sich an die Aufgaben macht, wird schnell feststellen, dass für die Erfüllung der ersten beiden Aufgabe die Sinne   fehlen, und dass bei der dritten Aufgabe sich die Informationen auf Kleinigkeiten beschränken würden bzw. die Kommunikation sehr mühsam wäre.

„Autisten ergeht es jeden Tag so. Auch wir Nichtautisten wären am Abend kaputt, unausgeglichen, nervös und zögen uns in unsere eigene Welt zurück.“ Das sagte Birgitta Lang, Studienrätin im Förderschuldienst Ursberg , zu 30 Schulbegleiterinnen und – begleiter autistischer Kinder bei einem Fortbildungsabend. Dazu hatte das Kompetenzzentrum Autismus Schwaben-Nord der Caritas in Augsburg eingeladen.

Autisten haben wegen einer Entwicklungsstörung im Gehirn ein „Informationsverarbeitungsdefizit“. Wegen dieser „Andersartigkeit“, so Lang, leben autistischen Menschen in einem Dauerzustand von Stress und Unsicherheit, und wegen der Nichtkontrollierbarkeit dieser Situation auch in ständiger Angst. Nichtautisten sollten deshalb alles tun, um genau diese Stresssituation zu mildern.

Wenn Autisten einmal eine Aufgabe nicht erfüllen könnten, sollte man nicht mit dem Vorwurf reagieren „du hast es ja gar nicht gemacht“. Vielmehr sollte man lernen zu akzeptieren, dass es einfach so ist. Autisten empfänden manchmal „ein Gewitter im Kopf“, wie es ihr ein autistisches Kind einmal gesagt habe. Und das beeinträchtige auch tages- oder sogar stundenabhängig die Leistungsfähigkeit von Autisten. Die Antwort „das ist schon in Ordnung“ hält die Fortbildungsreferentin deshalb für eindeutig besser.   

Wer mit Autisten gut kommunizieren wolle, der solle sich zudem um eine einfache Sprache bemühen. Es gebe, so die Studienrätin vom Förderschuldienst in Ursberg , Autisten, die bräuchten zehn Sekunden, bis bei ihnen das gesprochene Wort im Gehirn ankommt. So empfiehlt sie auch, stets erst ein Thema zu beenden und dann erst ein neues anzufangen. Da Autisten sich schwer täten, die Zeit richtig abzuschätzen, empfiehlt sie bei entsprechenden Anlässen, einen „ Time-Timer “ einzusetzen, der die verstreichende Zeit auf einer Uhr farbig darstellt.

 

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