Sozialcourage
Geflüchtete im Ehrenamt
Nicht so hektisch wie die Enkel
„Digital Immigrants“ bleiben auf dem neuesten Stand, Geflüchtete knüpfen Kontakte und verbessern ihr Deutsch: Im Smartphone-Café in Gießen erklären junge Flüchtlinge Seniorinnen und Senioren den Umgang mit dem Handy.
Ein älterer Mann drückt auf seinem
Smartphone herum. „Wo finde ich denn
die ,Einstellungen‘ auf meinem Handy?“
– „Schauen Sie, hier ist das Zeichen
dafür.“ Geduldig deutet die junge Frau
im Gießener Smartphone-Café auf ein
Symbol. Auf ihrem Namensschild steht
„Ranim“, sie ist 22 und kommt aus Syrien.
Im Südstadttreff des Gießener Caritashauses
Maria Frieden kommt Barbara
Högy mit ihren Erklärungen kaum
gegen die Diskussionen an den Tischen an. Dabei wollte die ehrenamtliche Leiterin
des Smartphone-Cafés nur zeigen,
wie sich die Uhrzeit einstellen lässt …
Ohne Anmeldung geht gar nichts
Gewusst wie: Mit Anleitung ist der Gebrauch eines Smartphones gar nicht schwer.Darius Ramazani
Mit fünf jungen Leuten sitzen neun
Seniorinnen
und Senioren über ihre
Smartphones gebeugt. Das Interesse
ist groß, ohne Anmeldung geht es nicht.
Bald suchte das Team nach mehr Helfern,
denn allen muss einzeln auf ihrem
Gerät gezeigt werden, was wie funktioniert. Barbara Högy hatte die Idee, junge
Flüchtlinge zu gewinnen. Wer die strahlenden
alten wie jungen Gesichter sieht
und ihr Lachen hört, merkt schnell: Hier
profitieren alle voneinander.
„Diese jungen Leute sind wirklich fit auf
dem Smartphone, und sie sind auch geduldig
und einfühlsam, nicht so schnell
und hektisch wie mein Enkel“, sagt
Wilfried Boßhammer. Adnan Bozan
aus Syrien hilft dem 78-Jährigen beim
Einstellen der Uhrzeit. Auch er strahlt:
„Es macht mir Spaß, wenn die Leute
etwas Neues von mir lernen und mit einem
Lächeln nach Hause gehen“, sagt
der 20-Jährige in fließendem Deutsch.
Wie Bozan kommen viele junge Syrer.
Sie knüpfen Kontakte und wollen ihr
Deutsch verbessern. „Mir haben vor allem
ältere Leute sehr geduldig Deutsch
beigebracht. Da möchte ich gerne Hilfe
weitergeben“, beschreibt der 30-jährige
Malek Ozon seine Motivation.
Nach 90 Minuten ist das Smartphone-Café zu Ende. „Wie finden wir denn jetzt
unser Auto?“, fragt sich ein älteres Paar.
„Kein Problem!“ Schnell zeigt Adnan
Bozan
ihnen, wie sie mit Google-Maps
am einfachsten zu ihrem Fahrzeug gelangen.
Interessierte Nachahmer können
sich Tipps holen bei Gundula
Breyer-Keil, Caritasverband Gießen,
Tel. 06 41/68 69 25-1 53,
E-Mail: gundula.breyer@caritas-giessen.de