Kommentar
Bezahlbares Wohnen
Wenn der Markt versagt
[Feb. 2019] - Wohnraum in NRW ist Mangelware und schon jetzt für viele Menschen unbezahlbar. Neben dem Erhalt und dem Ausbau des Mieterschutzes fordert ein Bündnis von Caritas und Sozialverbänden, DGB und Mieterbund die Errichtung von mehr bezahlbarem Wohnraum.
Markus Lahrmann, ChefredakteurAndre Zelck
Vergangenes Jahr hat die Caritas mit ihrer Jahreskampagne #zuhausefürjeden auf die Wohnungsnot hingewiesen. Da war es jetzt folgerichtig, sich mit anderen Verbänden und Organisationen zusammenzuschließen, um als Bündnis die Forderungen "Wir wollen wohnen" mit Nachdruck weiter zu vertreten.
Es geht um Erhalt und Ausbau des Mieterschutzes. Außerdem braucht es dringend mehr bezahlbaren Wohnraum. Jährlich werden rund 80000 neue Wohnungen gebraucht - nur rund 48000 werden gebaut.
Das Thema "Wohnen" ist das übergeordnete Thema mit der größten Sprengkraft in den nächsten Jahren. In den Ballungsräumen frisst die Miete das Familieneinkommen auf. Die Mieten sind heute das, was in früheren Jahrhunderten die Brotpreise waren: Zündschnur am sozialen Sprengstoff.
Die Ursachen für den Wohnraummangel sind vielfältig und liegen zum Teil weit zurück. Einseitige Schuldzuweisungen führen nicht weiter. Die Zahl der Sozialwohnungen ist massiv zurückgegangen. Der Bedeutungsverlust des sozialen Wohnungsbaus begann mit der Abschaffung der Privilegien und Bindungen der Wohnungsgemeinnützigkeit 1988 und dem Rückzug des Bundes aus der Förderung. Die klammen Kommunen privatisierten ihre gemeinnützigen Wohnungsunternehmen, in der Not verkauften sie städtische Grundstücke teuer. Alles in der Hoffnung, der Markt werde es schon richten. Jetzt zeigt sich: Der Markt hat versagt. Nicht überall, aber doch schmerzhaft.
Und was plant die schwarz-gelbe Landesregierung? Sie handelt wie ein Arzt, der die doppelte Dosis verschreibt, wenn die Medizin wirkungslos geblieben ist. CDU und FDP wollen Regelungen zum Mieterschutz und gegen die Zweckentfremdung von Wohnraum auslaufen lassen. Das soll den Wohnungsbau anregen. Die Hoffnung dahinter: Gibt es insgesamt mehr Wohnungen, dann gibt es auch mehr bezahlbare Wohnungen für Bedürftige. Doch dass auf diese Weise ein überhitzter und ungleicher Markt ein soziales Gleichgewicht schafft, ist reines Wunschdenken. Es braucht eine koordinierte Politik auf unterschiedlichen Ebenen: Städte und Kommunen, gemeinwohlorientierte Investoren, Wohnungsbaugesellschaften - und das Land muss stärker koordinieren, investieren und regulieren.
Denn der Markt allein wird es nicht richten.