unbefristete Vollzeitpflege

Seit wann sind Sie Pflegeeltern?

Wir sind seit September 2017 glückliche Pflegeeltern.

 

Was hat Sie damals bewegt Pflegeeltern zu werden?

Zunächst war es unser eigener Kinderwunsch. Wir haben ein Kind, aber weitere Geschwister konnte es nicht geben. Wir wollten aber gern noch ein Kind in unserer Familie aufwachsen sehen.

Dann ist uns wichtig gewesen, einfach einem Kind zu helfen.

 

Wie alt war ihr Pflegekind als sie es in ihre Familie aufgenommen haben?

Unser Pflegekind war 2,5 Jahre alt als es zu uns kam.

 

Was mögen Sie an ihrem Pflegekind besonders?

Unser Pflegekind strahlt vor Lebensfreude. Jeden Tag sagt es zu mir: "Ich habe dich lieb." Es ist ein herzliches und dankbares Kind. Wir haben ein sehr inniges Verhältnis.

Unser Pflegekind ist sehr intelligent. Es kann sich viele Dinge gut und lange merken. Beispielsweise erzählt es gern vom letzten Urlaub. Nach über einem Jahr kann es sehr genau erzählen. Ich staune, an was und an wie viele Details sich das Kind dabei an Situationen oder Orte erinnert.

 

Beschreiben Sie bitte die Anfangsphase als Pflegefamilie:

Unser Pflegekind lebte, bevor es zu uns kam, ca. 1,5 Jahre in einer Familiären Bereitschaftspflege und hatte sich dort schon an diese Eltern gewöhnt.

Die ersten Monate war das zu Bett gehen eine große Herausforderung für uns. Das Kind konnte ganz schlecht loslassen. Wenn seine Augen zu sind, dann verpasst es ja etwas. Das war schlimm. Auch beim Mittagsschlaf gab es immer ein großes Geschrei. Das hat uns schon Nerven gekostet.

Eine weitere Herausforderung bestand für uns in den Entwicklungsverzögerungen des Kindes. Unser Pflegekind konnte nicht gut die Treppen steigen. Es fiel sehr oft hin. Die Motorik funktionierte nicht richtig. Deshalb sind wir auch mit dem Kind in das Frühförderzentrum gegangen. Es gab auch sprachliche Verzögerungen, die gefördert werden mussten.

Gerade am Anfang hätte ich mir etwas mehr Unterstützung durch das Jugendamt gewünscht, z.B. in Bezug auf die Suche nach einem Kindergartenplatz, bei Behördengängen und den Umgängen mit den leiblichen Eltern.

 

Was sind für Sie die größten Herausforderungen?

Die größte Herausforderung stellt für uns bis heute der Umgang mit den leiblichen Eltern unserer Pflegkindes dar. Sie sind hin und hergerissen, ob sie das Kind behalten wollen oder nicht. Die Eltern leben nicht mehr zusammen. Beide besitzen das Sorgerecht für unser Pflegekind, so dass wir sie immer wieder für notwenige Unterschriften benötigen. Die vereinbarten Umgangskontakte werden sehr unregelmäßig wahrgenommen. Diese Situation macht es uns und vor allem dem Kind oft schwer.

 

 

Was ist heute unkompliziert und schön für Sie?

Wir erleben heute ein Kind, das einen glücklichen Eindruck auf uns macht. Es ist aufgeweckt und fröhlich. Aber natürlich wissen wir nicht, wie es in ihm aussieht. Hineinschauen können wir nicht.

 

Welche Bedenken und Unsicherheiten begleiteten Sie in der Vorbereitungsphase?

Wir sind damals eher unbedarft in die Situation als Pflegeeltern hineingegangen. Wir haben uns da vorab gar nicht so viele Gedanken gemacht.

Durch die guten Erfahrungen mit unserm Patenkind (Familienpatenprojekt der Caritas) sind wir überhaupt erst auf den Gedanken gekommen, ein Kind aufzunehmen. Wir haben gute Rahmenbedingungen zu Hause, damit ein Kind gesund und sicher aufwachsen kann.

Aber was wir während des Bewerberverfahrens in der Schulung als Beispiele über Pflegekinder und Eltern gehört haben, war schon heftig für uns.
Zum Glück haben wir es dann so bei unserem Pflegekind auch nicht erlebt.

 

Wie hat ihr familiäres und soziales Umfeld auf Sie und ihr Pflegekind reagiert?

Wir haben unsere Angehörigen vorher informiert. Es gab keine negativen Reaktionen. Ganz im Gegenteil. Wir erfuhren viel Unterstützung. Eine Nachbarin brachte uns z. Bsp. s Kinderkleidung vorbei. Meine Eltern unterstützen uns im Alltag, da Sie in der Nähe wohnen.

 

Was möchten Sie interessierten Menschen zur Ermutigung sagen?

Ein Pflegekind in die eigene Familie aufzunehmen heißt zuerst, dass es Hilfe für ein Kind ist. Man kann sozusagen ein Leben retten. Es bietet die Chance das Leben für ein Kind zu gestalten.

Es braucht eine positive Sicht der Pflegeeltern auf das eigene Leben. Man sollte aber auch immer vor Augen haben, dass es eine Herkunftsfamilie gibt und dass diese sehr viele Rechte hat.

Welche Eigenschaften oder Kompetenzen sind aus ihrer Erfahrung hilfreich, um Pflegeeltern werden zu können?

Ich finde ein stabiles Familienverhältnis sehr wichtig. Es ist wichtig, dem Kind eine Zukunft bieten zu können. Jedes Kind braucht Sicherheit.

 

Wenn Sie es noch einmal entscheiden könnte, würden Sie heute wieder Pflegeeltern werden?

Ich würde nicht mehr so unbedarft hineingehen. In der Startphase hat mir Hilfe vom Jungendamt gefehlt.

Das geteilte Sorgerecht, welches beide Eltern haben, ist für unsern Alltag eher schwierig. Das beeinflusst unser Familienleben sehr. Das habe ich unterschätzt.

Ich wünsche mir, dass die Rechte von Pflegeeltern mehr gestärkt werden. Für uns bedeuten die Umgangsregelungen eine permanente Unsicherheit. Die latenten Forderungen der leiblichen Eltern im Hilfeplangespräch belasten so auch unser Zusammenleben im Alltag.

Erfahrungsbericht von Frau B. (unbefristet Vollzeitpflege)