Nachgefragt
Barrierefreie Navigation
Trotz Handicap schnell ans Ziel kommen
Wer schlecht zu Fuß oder mit dem Rollstuhl unterwegs ist, kennt das Problem: Wie komme ich ohne Hindernisse wie Treppen oder Absätze an mein Ziel? Ein normales Navigationsgerät hilft da nicht weiter. Die Caritas in Rostock arbeitet mit Partnern an einer Lösung dieses Problems.
Trotz Handicap schnell ans Ziel kommen mit dem ACCESS-Navigationsgerät
Das bundesweite Forschungsprojekt trägt den sperrigen Titel „ACCESS – Barrierefreier Tourismus für Senioren mit einem WLAN-gestützten Navigations- und Informationssystem“. Was ACCESS leistet und welche Rolle die Caritas dabei spielt, erzählt einer der Ideengeber, Alexander Döhring von der Caritas Mecklenburg.
Um was geht es beim Forschungsprojekt ACCESS?
Die Projektpartner, darunter das Fraunhofer Institut für integrierte Schaltungen, wollen mit ACCESS ein spezielles Navigations- und Informationssystem entwickeln, das zum Beispiel auf Smartphones verwendet werden kann.
Generell soll es Senioren und Menschen mit Handicap über mögliche Barrieren im Urlaubsort aufklären und barrierefreie Wege in der Stadt und in Gebäuden zeigen. Sie haben dadurch die Möglichkeit, verschiedene Urlaubsziele sowie deren Angebote miteinander zu vergleichen.
Wieso funktioniert das nicht mit herkömmlichen Navigationsgeräten?
Das hat technische Gründe. Ein normales Navi funktioniert mit GPS, ist also auf die Verbindung mit Satelliten angewiesen. Unser System wird die WLAN-Hotspots in einer Stadt nutzen. Dadurch ist es zum Beispiel auch möglich, innerhalb von Gebäuden den barrierefreien Weg zu den Toiletten anzuzeigen. Zum Ende des Projektes soll das System als App oder Softwarepaket für Endgeräte wie Smartphones zur Verfügung stehen. Wer kein Smartphone hat, soll sich entsprechende Geräte in Touristenbüros oder hier in Rostock vielleicht sogar direkt bei der Caritas ausleihen können.
Die Caritas hat nichts mit technischer Forschung und Entwicklung zu tun, trotzdem sind Sie als Kreisverband Partner im Forschungsprojekt ACCESS. Warum?
Wir sehen uns als praktischer Begleiter in diesem Projekt. Die Behindertenhilfe Rostock besteht seit 45 Jahren. In unserem Netzwerk engagieren sich Menschen, die wissen, was es heißt, mit einem Handicap den Alltag zu meistern. Sie bringen ihre nutzerorientierte Sicht bei der Beratung und Bedarfsermittlung in das Projekt ein. Wir können so besser auf die Bedürfnisse beeinträchtigter Menschen eingehen und deren Probleme technisch lösen.
Wie entstand die Idee für das Projekt?
Die Idee entstand im Sommer 2008 während einer Freizeitfahrt mit einer Gruppe von Rollstuhlfahrern nach Wilhelmshaven. Ein GPS-Navigationsgerät leitete uns mit unseren Kleinbussen ans Ziel. Dort angekommen, brauchten drei Rollstuhlfahrer umgehend ein barrierefreies WC. Bei dieser Suche konnte uns das Navi leider nicht weiterhelfen. Diese Situation führte uns zur Grundidee: „Es wäre doch hilfreich, wenn uns ein Navi auch rollstuhlgeeignete Toiletten anzeigen könnte.“
Wie wird die Idee umgesetzt?
Das Projekt läuft seit 1. Februar 2012 in mehreren Modellstädten und -regionen. Auf Bundesebene wird es von Partnern aus Wirtschaft, Tourismus, Forschung und Technik unterstützt. Wir betreuen die Regionen in und um Rostock. Dort wollen wir in den nächsten drei Jahren unter anderem dabei helfen, eine nachhaltige „touristische Servicekette“ für beeinträchtigte Menschen zu etablieren. Dazu bauen wir bestehende Netzwerke zwischen Kommunen, Verbänden, Vereinen und verschiedensten Dienstleistern aus. So können wir den Projektpartnern nicht nur auf Bundesebene, sondern auch auf regionaler Ebene als Ratgeber zur Seite stehen. Ziel ist, die Erfahrungen der Pilotphase auf weitere Regionen zu übertragen.
Informationen zu ACCESS und zu den Modellregionen auf der Projektseite und auf dem Internetauftritt des Caritasverbandes Mecklenburg e. V.
Projektkoordination für die Caritas in Rostock:
René Tober
moro@caritas-mecklenburg.de