Caritas in NRW – AKTUELL
Unsichere Perspektive
Soziale Betriebe vor dem Aus?
[Dez. 2023] - Das, wovor sich Soziale Kaufhäuser, Radstationen und andere soziale Betriebe gefürchtet haben, ist nun eingetreten. Erste gemeinnützige Soziale Kaufhäuser schließen zum Jahreswechsel. Und es werden wohl noch mehr, wenn es im kommenden Jahr nicht besser wird.
Diskussion in unsicheren Zeiten: Daniel Hagemeier (CDU, MdL), Ralf Nolte (Diözesan-Caritasdirektor), Wilfried Oellers (CDU, MdB) und René Trenz, auf dem Bildschirm Beate Müller-Gemmeke (Grüne, MdB).Foto: Anna Woznicki
Die Fachtagung der Caritas in NRW in Düsseldorf bot angesichts der aktuell drohenden massiven Kürzungen der arbeitsmarktpolitischen Hilfen im Bundeshaushalt die Möglichkeit eines fachlichen Austauschs untereinander - und mit der Politik. Die Stimmung auf der Fachtagung war angespannt. Einige Stunden vorher wurde die Nachricht verkündet: Haushaltssperre. Die 70 Vertreter*innen sozialer Betriebe befürchten Schlimmstes. Die Hoffnung, dass die von der Ampel-Koalition angekündigte Mittelkürzung von 700 Millionen Euro zurückgenommen wird, ist weiter gesunken. In sozialen Betrieben lernen Menschen mit verschiedenen sozialen Problemen, psychischer Erkrankung oder Suchtkranke, wieder beruflich Fuß zu fassen. Nicht nur für sie, für ihre Familien und Kinder wären die Kürzungen verheerend, Teilhabe an Arbeit würde gestrichen. Mit der Schließung von sozialen Betrieben fielen auch kostengünstige Angebote von gebrauchter Kleidung, Büchern oder Möbeln weg.
Kürzungen wären verheerend
"Es ist Ende November, und die sozialen Betriebe wissen nicht, ob und wie es in wenigen Wochen weitergeht. Schon jetzt ist klar: Erste Soziale Kaufhäuser werden deshalb im neuen Jahr schließen müssen. Das hat höchst negative Konsequenzen für die langzeitarbeitslosen Menschen und ihre Familien und verursacht eine immer weiter auseinanderdriftende Gesellschaft", so Ralf Nolte, Diözesan-Caritasdirektor im Erzbistum Paderborn.
René Trenz vom Caritasverband Düsseldorf findet für die Mittelkürzungen im Sozialen klare Worte. Sollte es bei den angekündigten Einschnitten bei der gemeinnützigen Beschäftigungs- und Qualifizierungsförderung bleiben, stehen im Düsseldorfer Caritas-Kaufhaus Wertvoll zum 1. Januar 2024 90 der 204 Plätzen für Arbeitsgelegenheiten (AGH) auf der Kippe. "Wer beim Sozialen spart, zahlt am Ende drauf", so Trenz. Das versuchte er auch den Vertreter*innen der Politik deutlich zu machen. "Wir brauchen eine bundesweit einheitliche Infrastrukturförderung", so der Caritas-Tenor an die Politik. Persönlich könne man das so unterschreiben, sagte zum Beispiel Daniel Hagemeier von der Landes-CDU. Es sei aber an der Bundesebene, die Schwerpunkte richtig zu setzen. Wilfried Oellers, MdB für die CDU, bestätigte, dass die sozialen Betriebe Planungssicherheit auch über einzelne Haushaltsjahre hinaus benötigen würden. Und Beate Müller-Gemmeke von den Grünen hat große Sympathie für eine Infrastrukturförderung, sieht kurzfristig allerdings im Moment größere Chancen, im Bereich der Instrumente Verbesserungen zu erzielen. Sie fühlte sichtlich mit den Anwesenden, Entwarnung anlässlich der Haushaltssperre für den Fortbestand sozialer Betriebe konnte sie aber auch keine geben "So ein Urteil gab es bisher noch nicht. Wir sind selbst unsicher", so die Politikerin.
Die sozialen Betriebe leisteten schon immer viel, um Teilhabe an Arbeit unter harten Bedingungen zu ermöglichen. "Es war schon immer schwierig, aber nie so schwierig wie jetzt", brachte es Stephanie Krone, Geschäftsführerin SkF Langenfeld ARBEIT+INTEGRATION gGmbH, auf den Punkt.