Tipps und Hilfestellungen

Jung und depressiv

Junge FrauMaria gibt ihre persönlichen Erfahrungen mit Depressionen an euch weiter.Deutscher Caritasverband e. V.

Die folgenden fünf Tipps wurden von Maria in Zusammenarbeit mit Caritas-Berater(inne)n zusammengestellt. Sie richten sich an Jugendliche und junge Menschen, die vermuten, dass sie an Depression leiden. Oder die Freunde haben, die in dem Bereich gefährdet sind. Auch für Angehörige können die Tipps interessant sein. Was ihr alle beachten müsst: Depression ist eine Krankheit, und zwar eine häufige Krankheit, und es gibt in jedem Alter eine Menge Betroffene. Sie heilt nicht über Nacht - wenn sie überhaupt heilt. Es gibt fast immer Rückschläge. Ganz typisch sind diese bei Selbstverletzung, die oftmals Suchtcharakter hat. Hier ist wichtig, mit sich selbst geduldig zu sein. Man kann den Umgang mit Depression lernen und sich wappnen gegen die Tiefs.

1. Tipp: Rede drüber

Maria sagt: "Drüber reden ist ein Zeichen von Stärke!" – und auch Berater(innen) mit Erfahrung sind überzeugt: Es hilft, über die Depression zu sprechen. Es ist in Ordnung, Freunde auch mal als "Seelenmülleimer" zu gebrauchen. Die anderen machen das genauso. Jeder tut es. Jeder muss sich manchmal anderen mitteilen, denn das entlastet ungemein.

  • Wenn du dich Angehörigen und Freunden nicht anvertrauen möchtest, wende dich an die anonyme und kostenfreie Telefonseelsorge: 0800 1110111.
  • Vielleicht findest du in deinem Umfeld auch andere Erwachsene, die helfen können, nach einem Ausweg zu suchen: Befreundete Familien, Schulpsychologen, Trainer oder Lehrer.
  • Zudem kannst du über den "Beratungsführer online" der DAJEB eine Beratungsstelle bei dir vor Ort abfragen
  • Du kannst dich an die E-Mail-Beratung von [U25] wenden, einem Angebot der Caritas für suizidgefährdete Jugendliche
  • Oder du nutzt die anonyme Online-Beratung für Kinder und Jugendliche der Caritas
  • Zu empfehlen sind auch die Angebote der Deutschen Depressionshilfe

2. Tipp: Lenk dich ab

Wenn alles schwarz und schwärzer wird, rät Maria Folgendes: "Schreib' den Gedanken auf, der für die Schwärze verantwortlich ist - oder sperre ihn in einen ‘mentalen' Safe." Das ist eine Strategie zur Abgrenzung aus der "dialektisch-behavioralen Therapie" (DBT). Dann lenkst du dich ab: Geh spazieren, in den Wald, raus in die Natur, sammle Eindrücke, staune über Vögel, Ameisen, genieße, was da ist. Oder räume zu Hause auf, zeichne - tue, was dir gut tut. Wenn du dich besser fühlst, gehst du dem miesen Gedanken auf den Grund. Bestenfalls mit Unterstützung.

Abgrenzung von der Emotion

Eine ähnliche Herangehensweise nennt sich "Emotionssurfing". Das bedeutet, das Gefühl wie eine Welle wahrzunehmen, die kommt und geht, mit dem Ziel, sie kleiner und weniger bedrohlich zu machen. Du sollst erkennen: Ich bin nicht mein Gefühl, sondern ich habe ein Gefühl. Verfolge diese Schritte:

  • Innerlich einen Schritt zurücktreten
  • Die Emotion benennen
  • Wie stark ist sie? Ist es eine große Welle in einer Brandung oder eine kleine in einem See? (Skala 0-100)
  • Wie reagiert mein Körper?
  • Welche Gedanken habe ich? Welchen Handlungswunsch?
  • In Erinnerung rufen: Ich habe eine Emotion, ich bin sie nicht.
  • Ich habe Zeit. Ich muss nicht gleich handeln.
  • Wieder bei 1 beginnen.

Das sind Strategien, die man erlernen kann, um mit Depressionen und depressiven Phasen zu leben.

3. Tipp: Bereite einen Notfall-Koffer oder eine Notfall-Liste vor

Und zwar, solange du dafür Motivation hast - und dann kann dir das in Tiefphasen sehr helfen. Was gehört rein? Das ist bei jedem individuell, aber Beispiele sind:

  • Erinnerungsstücke, wie ein Lieblingsstein und ein schönes Foto.
  • Telefonnummer von guten Freunden, die man in Krisen anrufen kann. Außerdem die der Telefonseelsorge.
  • Ein Brief an dich selbst.
  • Skills-Zubehör, wie Gummibänder, die man sich gegen den Arm schnalzen kann. Dadurch werden intensive Körperempfindungen ausgelöst, die helfen können, zurück ins Hier und Jetzt zu kommen. Und vielleicht vermeiden können, sich durch Ritzen oder Ähnliches zu verletzen.
  • Reizblocker, die einen Schmerzreiz fürs Gehirn bewirken, so dass du nicht mehr daran denkst, dich selbst verletzen zu wollen (Chilischote oder Brausetablette in den Mund, an Ammoniak-Lavendel-Ampullen riechen).

4. Tipp (für Angehörige): Macht Vorschläge statt Ratschläge!

Unverständnis und nicht ernst genommen werden, egal ob von Eltern oder Freunden, kann die Depression noch verstärken. "Sei doch nicht so traurig …", "Mach nicht so ein langes Gesicht …" - das ist ein absolutes "No-Go".

Angehörige sollten zeigen, dass sie den oder die Jugendliche(n) bedingungslos liebhaben. Dass er oder sie für sie immer noch derselbe liebenswerte Mensch ist, egal, wie krank oder unglücklich er oder sie ist.

Ruhig ansprechen sollten Angehörige oder enge Freunde, wenn sie sich Sorgen machen, ob schon der Gedanke aufkam, sich selbst etwas anzutun. Dann ist das Thema auf dem Tisch. Wenn der oder die Jugendliche den Gedanken schon ernsthaft in Erwägung gezogen hat, dann ist er/sie jetzt nicht mehr alleine damit. Die Angst vor dem Thema ist genommen. Ebenfalls nicht tabu ist es, zu sagen, wie wichtig er/sie einem ist, und dass man ihn/sie auf gar keinen Fall verlieren will.

5. Tipp: Such dir professionelle Hilfe

Wenn du merkst, dass alle Stränge reißen, dass das Loch, in welchem du steckst, immer tiefer wird und du dich über nichts mehr freuen kannst, dann zögere nicht, auf einen Psychologen zurückzugreifen oder dich an eine psychologische Beratungsstelle zu wenden. Die gibt es überall vor Ort (zu finden mit einer einfachen Google-Suche). Oder du suchst eine Caritas-Beratungsstelle (Suchbox hier auf der Seite!) oder nimmst Kontakt auf mit der Online-Beratung für suizidgefährdete Jugendliche oder der Beratung für Kinder und Jugendliche, was beides auch anonym geht.

Das A und O einer jeden Depression ist eine professionelle Begleitung. Maria hat für sich den Schluss gezogen: "Mir professionelle Hilfe zu suchen, war das Beste, was ich machen konnte." Wir können nicht alles alleine schaffen. Und wir müssen es auch nicht. Niemand muss sich dafür schämen - es ist ein Zeichen von Stärke.

Durch die professionelle Hilfe bekommst du auch die Chance, dich mit anderen Betroffenen auszutauschen - wenn dich das interessiert, frag nach Kreisen und Plattformen, wo das möglich ist.