Caritas in NRW – AKTUELL

Kinderrechte-Aktion

Beim Ausbau der OGS auf die Kinder hören!

Ein Foto mit übereinandergelegten Kinderhänden, dem Slogan der Aktion und Stichworten zum Thema 'Kinderrechte'Foto: © Can Stock Photo/zurijeta | Montage: Caritas in NRW

Kinder haben ein Recht darauf, gehört zu werden", sagte der Aachener Diözesan-Caritasdirektor Stephan Jentgens bei der Auftaktveranstaltung zu der Aktion. Die Kinderrechte seien in der UN-Kinderrechtskonvention definiert und im deutschen Kinder- und Jugendhilfegesetz verankert. Jentgens erinnerte an den Rechtsanspruch auf einen Ganztagsplatz ab 2026 und warnte, dass es bisher erst für 52 Prozent der Kinder einen Platz gebe. "Das reicht nicht", kritisierte der Caritasdirektor. Benötigt werde eine Abdeckung von 70 Prozent in ländlichen Gebieten und bis zu 80 Prozent in den Städten. Nach Berechnungen des Instituts für soziale Arbeit (Münster) bräuchte es allein in NRW zusätzlich 110 000 Plätze in der OGS. "Das würde die Schaffung von mindestens 5800 neuen Stellen in den Einrichtungen bedeuten", so Jentgens.

OGS braucht Standards

Die Caritas fordere zudem einheitliche Bildungsstandards auch für die OGS und eine gesicherte Finanzierung. "Viele Arbeitsfelder und Aktivitäten in der OGS stecken nach wie vor im Projekt-Status mit unsicheren Arbeitsplätzen, keiner angemessenen Vergütung und geringem Beschäftigungsumfang", kritisierte Jentgens. Manche OGS-Angebote hätten nicht einmal eigene Räumlichkeiten, andere hätten kein Außengelände, auch die digitale Ausstattung sei sehr unterschiedlich. Der Offene Ganztag leiste heute nicht nur Betreuung, sondern vielfach auch einen wichtigen Beitrag zu Erziehung und Bildung von Kindern. Beim Ausbau sei entscheidend, dass junge Menschen selber zur Sprache kämen, forderte Jentgens.

Kindheit hat sich verändert

Der Düsseldorfer Erziehungswissenschaftler Ulrich Deinet erläuterte bei der Caritas-Auftaktveranstaltung, wie sehr sich die Kindheit verändert hat. Früher seien Kinder zum Spielen auf die Straße gegangen, hätten voneinander gelernt und Erfahrungen gesammelt. Heutzutage hätten Kinder diese Möglichkeit nicht mehr. Sie seien entweder in der Kita oder den größten Teil ihres Tages in der Schule. Deinet sprach von "Verhäuslichung, Pädagogisierung, Einschränkung des Nahraums". Ohne Anmeldung draußen zu spielen sei für Kinder zur Ausnahme geworden. Die Schule sei zum alltäglichen Lebensort der Kinder geworden, allerdings fehlten häufig die "sozialräumlichen" Rahmenbedingungen, die auch beim Personal hergestellt werden müssten.

Deswegen müsse die Schule auch Ort der Partizipation, Beteiligung und Demokratiebildung sein, forderte der Kindheits- und Jugendforscher: "Kinder müssen lernen, in diesen Einrichtungen mitentscheiden zu können." Die Kinderrechte dienen bei der Aktion der Caritas als ein geeignetes Instrument der Partizipation, um Schule als Lebensort zu gestalten.

Viele OGS-Einrichtungen versuchen und leben dies bereits stellenweise. Durch die Vorstellung von Projektbeispielen wurde schon bei der Auftaktveranstaltung deutlich, wie es gelingen kann, Kinder im OGS-Alltag in die Entscheidungsprozesse einzubeziehen.

Bei der Aktion der Caritas sollen Partizipation und Demokratiebildung weiter ausprobiert und umgesetzt werden. In einer Methodenbox werden den OGS-Einrichtungen online Materialien zur Verfügung gestellt, die es Kindern ermöglichen, die Kinderrechte aktiv einzufordern. Die Ergebnisse, die ihre Vorstellungen und Wünsche für eine gute OGS verdeutlichen, sollen politischen Entscheidungsträgerinnen und -träger vor Ort zugänglich gemacht werden. Auch in den Gesetzgebungsprozess für den Ausbau der OGS-Angebote sollen die von den Kindern im Zuge der Aktion selbst geäußerten Bedarfe einfließen.

Weitere Informationen zu der Aktion finden Sie hier!

Markus Lahrmann



NRW-Landtag will Kinderrechte stärken

Die Aktion der Caritas steht in einem interessanten sozialpolitischen Kontext, denn auch der nordrhein-westfälische Landtag will die Rechte von Kindern stärken. Unter anderem soll es mehr Informationen in Kitas und Schulen über Kinderrechte und eine dauerhafte Beobachtung von deren Umsetzung geben, heißt es in einem fraktionsübergreifenden Antrag von CDU, Grünen, SPD und FDP. In einem weiteren Antrag fordern die Landtagsfraktionen, eine Professur für Kinderrechte und -schutz zu schaffen. Die Fraktionen weisen auf die Herausforderungen durch den digitalen Raum hin. Er biete neben Chancen auch Gefahren. So sei die Medienkompetenz in der frühkindlichen Bildung und Schule zu fördern. Zudem solle durch einen Jugend-Check geprüft werden, wie sich Gesetzesvorhaben auf junge Menschen auswirkten. Auch müsse geprüft werden, inwiefern die Vermittlung von Kinderrechten und -schutz in den pädagogischen Ausbildungs- und Studiengängen verankert sei.

Markus Lahrmann/KNA